Sonntag, 28. Oktober 2012

Das grosse Warten: Herne - Darmstadt


18h: Man trifft sich zum vereinbarten lockeren Anschwitzen in der Schrebergartenschänke unserer Wahl, in Hallennähe gelegen. Alle zum Training aufgeforderten Teilnehmer trudeln langsam ein, nur der Linksaussen fehlt unentschuldigt. Der Kindesvater hat dieses Wochenende die lieben Kleinen am Start, verzichtet daher auf die Übungseinheit und erscheint pünktlich zu Spielbeginn.

18.15h: Es wird voll; andere Gleichgesinnte bevölkern das Trainingsgelände: ein Rudel alteingesessener Hallenbesucher frönt freudig dem Schocken, eine Gruppe junger Stimmungsaktivisten geht bei einer letzten Cola nochmals die geplanten Tanzschritte für das Spiel durch – alles so wie immer.

18.30h: Textnachricht vom Linksaussen: er würde jetzt erst aufbrechen; dass sei aber nicht schlimm da der Gegner ja eh später kommt. Noch glaubt man an eine schlechte Adendorfanspielung.

18.45h: Ein Blick ins Netz bestätigt: Darmstadt wird nicht vor 20h an der Halle erwartet; die A45 wurde gesperrt. Man selbst nimmt es gelassen, bestellt nach und zerrt einen Sechziger-Jahre-Witz aus seiner wohlverdienten Ruhe: Der Unterschied zwischen einer Autoschlange und einer richtigen Schlange? - Bei der Autoschlange ist das Arschloch vorne! Großer Jubel und peinvolles Wegdrehen halten sich die Waage.

19h: Telefonat mit dem Althauer, sich auf dem Weg zur Halle befindend: „Die Arschlöcher kamen letztes Jahr doch auch zu spät!“ – „Nein, Vatter, das waren andere.“ – „Das sind auch Arschlöcher!“

19.15h: Der bestens gelaunte Kindesvater schreibt eine SMS, indem er auf seine gewohnt unsachlich-cholerische Art den Kauf eines Edding 5000 sowie dessen Spende an den Herner EV ankündigt, damit „diese Arschgeigen“ die Verspätung bereits an der Kasse vermerken können, so dass der Kindesvater nicht – wie soeben geschehen -  mit zwei räudigen Kindern die Halle betritt, welche ob der zweistündigen Verspätung lautstark ihren Unmut kundtun und nur durch portemonnaieschädliche Besuche der Hallengastronomie gebändigt werden können.

19.30h: Die Schocker treten bereits den Weg zur Halle an, nicht ohne ihre offenen Deckel liegen zu lassen. Die Aktivisten räumen ebenfalls das Feld, Pappschilder wollen sortiert werden. Man bestellt zum Bier etwas für seine GUTEN Freunde, kurbelt nebenbei die griechische Wirtschaft etwas an und harrt entspannt den Dingen, die da wohl noch so kommen.

19.45h: Die Stimmung ist freundlich-entspannt, man wechselt vom Tresen zur Eckgarnitur neben dem Eingang. Ein derzeit im Netz kursierendes Foto wird umhergezeigt; präsentiert wird die Fassade eines Herner Markendiskounters, auf der mit schwarzer Sprühfarbe die Mitteilung „AUSLÄNDER AUS!“ hinterlassen wurde. Scheiss LIDL - gestern schon keine Kartoffeln und heute das… Für Erheiterung sorgte weiterhin die Tatsache, dass die Narrenhände anstelle des As versehentlicherweise das N mit Ä-Strichen versehen haben.

 20h: Gute Nachrichten von der Halle: vor 21 Uhr ist mit Darmstadt nicht zu rechnen. Vor Schreck werden zwei Runden Ouzo parallel bestellt.

20.15h: Die Schockerrunde kehrt von der Eishalle zurück, bestellt die offenen Deckel und ordert Bier zu den Würfelbechern. Im Schlepptau befinden sich etliche weitere HEV-Sympathisanten, die einfach mal woanders warten wollen. Die Übertragung des Strassenfegers Irland-Deutschland tut ihr übriges.

20.30h: Die Kneipe ist brechend voll, dennoch trudeln immer wieder Leute aus Richtung Gysenberg ein. Wir fragen jeden, der ´reinkommt: „Wie hamse gespielt?“ Die Neuen setzen zu ernsthafter Antwort an, identifizieren daraufhin die Fragensteller als volluniformierte HEV-Anhänger und schleudern dem feixenden Mob ein grinsendes „Arschlöcher!“ entgegen. Plötzlich kommt Unruhe am Tresen auf; jemand habe gehört der Bus sei da und fragt uns ob das wohl stimme. Da wir gerade eine umfangreiche Bestellung aufgegeben hatten, entgegneten wir, dass es sich ja wohl nur um den 323er handeln könne; der Tresen bestellt sich geschlossen Bier.

20.45h: Die Regierung des Schreibers dieser Zeilen berichtet von slapstickartigen Begebenheiten an der Halle: sie beobachtet zwei Herren mit Gerstenkaltschalen. Plötzlich erhebt sich explosionsartig die becherhaltende Hand des einen; das köstliche Nass schiesst in den Herner Nachthimmel, nur um sich Sekundenbruchteile später über seinem Besitzer zu ergiessen. In diesem Moment fällt ein kleiner, runder Gegenstand zu Boden, der wie von Geisterhand unter dem Becher des Glücklosen erschien. Zeitgleich beklagt der neben der Regierung stehende Zwölfjährige den Verlust eines Minifussballs, der sich gerade noch an seinem Fuß befunden habe. Der Vater des Kunstschützen erkennt blitzschnell die Brisanz der Lage und interveniert meisterhaft, indem er den Sohnemann zum Bierwagen schickt, auf dass er schleunigst Ersatz heranschaffe. Kritische Einwände des Knaben bezüglich des Mindestalters für den Erwerb alkoholischer Getränke werden nicht akzeptiert – wir reden schliesslich von einem Notfall.

21h: Telefonische Benachrichtigung: Der Bus ist da! Plötzlich herrscht angenehme Panikstimmung; alles will zur Halle, der Tresen ist vor zahlungswilligen Fans auf einmal derart gefüllt dass wir mit unserer Bestellung kaum durchkommen. Die Schocker verschieben abermals das Bezahlen ihrer Deckel und kommen somit am besten aus den Startblöcken.

21.15h: Die demokratische Abstimmung darüber, ob sich ein Eishallenbesuch überhaupt noch lohne, fällt denkbar knapp dafür aus und wird mit einem Abschlussgedeck besiegelt. Man hilft sich gegenseitig in die Jacken, schlendert beschwingt zum Berg und ist gemeinsam der Meinung dass dies bereits ein Abend ist, wie er schöner nicht hätte geplant werden können.

Sonntag, 7. Oktober 2012

Here we go again!


Die neue Saison hat begonnen, und der Verein tut direkt einen raus und druckt auf die Eintrittskarten „REGIONALLIGA-ABSCHIEDSTOUR“. Hehe, aber nach diesem Auftritt kann man eh keinem mehr verkaufen, man wolle lediglich unter die ersten Sechsundsoweiter.

Halbseidene Eishockeykenner sprechen bei diesen Partien ja gerne mal von „besseren Trainingseinheiten“ – dies war dann wohl eher ein lockeres Auslaufen. Zu überlegen war die Herner Bande den Solingern, welchen man nichtsdestotrotz so einiges hoch anrechnen muss. Erstmal haben sie definitiv einen der sympathischten Trainer, den ich seit langem erlebt habe (einer seiner Spieler sieht das seit dem zweiten Drittel bestimmt etwas anders – JUNGE, hat der den zusammengestaucht, hihi!), zum Anderen kamen sie ohne Provokationen, übertrieben harten Körpereinsatz und andere Mätzchen aus. Sicher, Solingen ist nun auch kein Oberligist, der von ´nem Regionalligisten brutalst über seine eigenen Möglichkeiten aufgeklärt wurde. Die Raptors werden sich gedacht haben: „Na gut, heute und noch mal in zwei Wochen, dann beginnt der spassige Teil der Liga!“.

Ich persönlich fand es auch schon arg spassig, allerdings hatte ich mittendrin immer wieder mal ´ne Identitätskrise: bin ich nun ein alter Sack, der eh immer alles beschissen findet oder gar ein Spiesser oder sehe ich das alles nur zu eng, dass ich des öfteren Probleme mit den Gesängen in der Halle habe? Machen wir uns nix vor: ich bin verbal kein Waisenknabe und haue beizeiten auch politisch unkorrekte Sachen heraus („dasgehörtdochdazuwirsindjanichtinderKircheSchulterklopfKlatschab“), aber manchmal wundere ich mich schon: „Ihr Kinderlein kommet“ gegen einen in allen Belangen unterlegenen Gast und noch dazu höchst anständigen Verlierer,  dem obendrein noch ein lästerliches „Schönen Gruss, auf Wiedersehen“ verpasst wird? Was können die denn dafür, dass sie derart unterlegen sind? Das sind definitiv Gesänge, die man für Lieblingsgegner bereit hält (und dann auch nicht bei ´ner 1-0-Führung  - Timing ist alles), aber doch nicht bei solch klaren Verhältnissen. Nun will ich hier keine Haltungsdebatte vom Zaun brechen („danndarfmanauchkeinTormehrfeiernaberselberheuldochhierisTaschentuchduOpfer“), das Gespür für die Situation ist halt nicht immer gut ausgeprägt. Und schon habe ich meine Identitätskrise gelöst: kein Grund zur Sorge – ich hab´ einfach Stil! ;-)

Und wie ich da so rum stehe und stilvoll auf sich auf dem Eise tummelnde Gesellen herabsehe, fällt mein Blick auf das Penalty-Restaurant. Stimmt ja, dat gibbet ja auch noch, und ist es nicht kurios? Was war das für ein Bohei, als Papa Schlumpf unser Wohnzimmer okkupierte und aus der (vom damaligen Betreiber grandios eingerichtenen) Kneipe ein seelenloses (natürlich!) VIP-Gehege bastelte! „OccupyRitchie´s“!!! Wöchentliche Hasstiraden waren an der Tagesordnung. Aber nun, wo das Teil wieder in Vereinshand ist, geht keiner hin! Es ist schon sehr traurig mit anzusehen, wie die EisFreaks bittere Tränen in ihre halb geleerten Biergläser weinen und nahezu alleine die Tradition dieses tollen Ortes hochleben lassen.

Sicher, die Kneipe sieht derzeit trostlos aus und natürlich benötigt der Verein jeden Cent für den Hallenbetrieb, aber mit ein Paar Sofas aussem Brockenhaus und ein paar IKEA-Überzügen könnte man bestimmt relativ kostengünstig den Wohlfühlfaktor erhöhen. Wenn ich mal allzu grosse Langeweile haben sollte, gründe ich auf Facebook eine „Unser PENALTY soll schöner werden“- Aktivistengruppe, bis dahin leiste ich meinen Teil im Kleinen und und statte der Pinte nach jedem Heimspiel einen Besuch ab – dieses Opfer kann ich gerade noch bringen.

Ansonsten freue ich mich schon sehr aufs dritte Heimspiel. Der Gegner ist völlig egal, aber erfahrungsgemäss kommen zu den ersten beiden Spielen immer ´ne Menge Gefahrensucher, die meinen reservierten Stehplatz (Ja, sicha! In den Stein gemeisselt und mit Kreide markiert seit 1983) besetzen. OccupyEishalle? – Euch geb ich!